Wenn ein stechender Schmerz ins Knie schiesst und es blockiert
Beim Umzug passierte es: Karin D.* verpackte ihr Hab und Gut in unzählige Kartons und hievte diese von hier nach dort. Als sie eine besonders schwere Kiste von der Hocke aus aufheben wollte, fuhr ihr ein stechender Schmerz ins Knie. Den Umzug konnte sie nur noch hinkend zu Ende bringen. Ein paar Tage später wurde bei ihr eine Meniskusverletzung festgestellt.
Die Menisken haben wichtige Aufgaben, denn sie fungieren als Stossdämpfer, die das Kniegelenk schützen und es stabilisieren. «Bei einer Meniskusverletzung unterscheidet man zwischen traumatischen, sprich unfallbedingten Verletzungen, die eher bei jüngeren Leuten auftreten, und degenerativen, also abnutzungsbedingten Veränderungen des Meniskus, die zu einem Riss führen können», erklärt Prof. Dr. med. Michael T. Hirschmann, Chefarzt der Klinik Orthopädie & Traumatologie am Kantonsspital Baselland (KSBL). Degenerative Veränderungen entstehen nicht nur aufgrund der altersbedingten Abnutzung, sondern auch nach einer abgeheilten Verletzung oder durch ungünstige anatomische Verhältnisse im Knie.
Wie erkennt der international renommierte Knieexperte den Unterschied? «Wenn der Meniskus in der Horizontalebene auf der Innenseite des Kniegelenks einreisst, dann handelt es sich typischerweise um einen degenerativen Riss – das ist der häufigste Fall. Bei einer unfallbedingten Verletzung liegen meist komplexe Risse vor. Manchmal ist sogar die Meniskusverankerung abgerissen.» Bei Karin D. handelte es sich um eine typische degenerative Verletzung, die durch die starke Belastung des Meniskus in tiefer Hocke entstand. Traumatisch bedingte Risse entstehen meist bei Sportverletzungen, etwa beim Fussballspielen oder Skifahren. «Man verdreht sich das Knie und dann reisst ein Stück Meniskus ein.» Um eine exakte Diagnose zu stellen, erfolgt in einem ersten Schritt eine eingehende Befragung und Untersuchung der Patientin oder des Patienten. «Anschliessend weiss der erfahrene Orthopäde bereits, was es sein könnte.» Trotzdem wird in einem weiteren Schritt ein Röntgenbild gemacht. «Das ist nötig, um weitere Verletzungen an Knochen und Bändern sowie eine Arthrose auszuschliessen, respektive zu erkennen. Zudem schaut man sich dabei die Beinachse an, denn diese spielt eben eine wesentliche Rolle bei der Belastung des Meniskus.» Bei X- oder O-Beinen wird das Knie anders belastet als bei einem geraden Bein, was mit der Zeit zu degenerativen Veränderungen führen kann.
Vorsicht vor vorschneller Operation Zur Diagnostik einer Meniskusverletzung kommt meist ein MRI zur Anwendung. Diese Bildgebung ist mittlerweile hochentwickelt und liefert detaillierte Bilder. «Das MRI ist heute so sensitiv, dass wir sehr viele Dinge sehen, die klinisch gar nicht entscheidend sind, so dass die Gefahr einer Überdiagnostik besteht und dadurch zu schnell operiert wird», stellt Hirschmann fest. Deshalb sei wichtig, genau hinzuschauen, welche Form von Riss vorliege. «Degenerative horizontale Risse sollte man eher nicht operieren. Risse, die Lappen bilden, welche hin und her schlagen, oder wenn die Befestigung des Meniskus abreisst, hingegen schon. Denn damit gehen sämtliche Meniskus-Funktionen verloren und es bildet sich schnell eine Arthrose. » Um den Meniskus bei diesen Wurzelverletzungen wieder zu befestigen, wird ein Tunnel in den Knochen gebohrt und der Meniskusstumpf wieder befestigt. «Das Ziel einer Meniskus-Operation sollte immer sein, das Gewebe möglichst zu erhalten, weil der Meniskus als Stossdämpfer und für die Stabilität des Knies wichtig ist. Dafür gibt es heute sehr gute Nahtmöglichkeiten, mit denen wir den Meniskus viel häufiger als früher erhalten können», betont der Knieexperte. Ist ein Meniskuserhalt nicht möglich und es entsteht eine chronische Überlastung, so gibt es Meniskus-Ersatzverfahren. Häufig sei das bei Sportlerinnen und Sportlern nötig, die viele Kreuzbandrisse hinter sich hätten und kaum mehr Meniskusgewebe vorhanden sei. «Wenn bei jungen Patientinnen und Patienten der laterale Meniskus fehlt, dann führt das ganz schnell in eine Arthrose. In solchen Fällen kann man einen Meniskus transplantieren.» Dafür wird ein passgenauer Meniskus einer/eines Verstorbenen eingesetzt. Weniger erfolgversprechend sei ein künstlicher Meniskus-Ersatz. «Hier sind die Ergebnisse bisher durchwachsen. Es tut sich allerdings hier laufend etwas.»
Wenn es sich nicht um Lappen- und Wurzelrisse handelt, die man nähen sollte, empfiehlt Hirschmann eine konservative Therapie. Dafür wird eine Schmerztherapie mit begleitender Physiotherapie verordnet. In vielen Fällen verschwindet der Schmerz so wieder. Erst wenn sich nach drei Monaten kein Erfolg zeige, könne ein Eingriff ins Auge gefasst werden. Als Fazit kann festgehalten werden. Bei Meniskus-Problemen ist es von Vorteil, sich an einen erfahrenen Meniskus-Experten zu wenden und bei Unsicherheiten eine Zweitmeinung einzuholen.
Leiden Sie unter starken Knieschmerzen?
Dann sind Sie bei der Kniechirurgie & Sportorthopädie des Kantonsspitals Baselland (KSBL) in besten Händen. Unser Angebot umfasst minimalinvasive Operationen am Kniegelenk und am Meniskus, wie Meniskusnaht, -teilentfernung und -teilersatz sowie die Versorgung von Knorpel- und Knochenschäden, Korrekturen der Beinachse und Knieprothesenversorgung.
Dieser Beitrag ist im Juni 2023 im Magazin Regio aktuell erschienen.