Zurück ins Leben dank Wirbelsäulen Operation

Als Herr Berger* vor sechs Jahren erfuhr, er sei querschnittgelähmt, war das ein harter Schlag. Später sollte sich jedoch herausstellen, dass diese Diagnose falsch war.
Ursprünglich litt der heute 62-Jährige unter einer Verengung des Rückenmarkskanals, die massive Rückenschmerzen verursachte. Mehrere aufeinanderfolgende Operationen brachten keine Linderung – im Gegenteil. Die Beschwerden wurden im Laufe der Zeit immer stärker, und Herr Berger war zunehmend in seinem Alltag eingeschränkt, bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. «Bei diesen Eingriffen wurden leider einige Punkte übersehen, die zusammen zu einem Kollaps der Wirbelsäulenstatik führten», erklärt PD Dr. med. André Wirries, leitender Arzt und Teamleiter am Universitären Zentrum für den Bewegungsapparat (UZBW) des Kantonsspitals Baselland (KSBL).
Damals sei es üblich gewesen, Operationen an der Wirbelsäule so durchzuführen, dass diese begradigt wird. Bei Herrn Berger verschwand so die natürliche Krümmung der Lendenwirbelsäule, was zu einer zunehmenden Fehlstatik der Wirbelsäule führte. «Der Körper versuchte dies zu kompensieren», erläutert Dr. Wirries. Mit der Zeit konnte Herr Berger nicht mehr eigenständig stehen; jedes Aufrichten führte dazu, dass sein Oberkörper unkontrolliert nach vorn kippte. Die Stürze und Schmerzen nahmen weiter zu.
Über Jahre hinweg wurde Herr Berger dann als Schmerzpatient und psychisch stark belastet eingestuft. Er war dauerhaft auf Morphin angewiesen, bis er maximale Dosierungen erreicht hatte. Damit gingen erhebliche Einschränkungen im Alltag einher. Besonders hart traf es ihn, als er wegen seines Morphinkonsums seinen Führerschein abgeben musste. Die Folge dieser Entwicklung waren soziale Isolation, ein Verlust an Autonomie und eine zunehmend resignierte Lebenshaltung.
Eine Operation brachte die Wende
Im März 2024 erlitt Herr Berger einen akuten Schmerzschub, sodass ihn seine Frau in die Notaufnahme des KSBL brachte. Von dort wurde er an das UZBW am Standort Bruderholz überwiesen. Der erfahrene Wirbelsäulenspezialist, Dr. Wirries erkannte sofort die Komplexität des Falles – und auch die Chance. «Solche schweren Fehlstellungen kann man nicht mit einer einfachen Operation beheben. Wir mussten die Wirbelsäule in mehreren Stufen unter Berücksichtigung des individuellen Bewegungsprofils rekonstruieren », erklärt er.
«Heute kann der Patient kurze Strecken ohne Hilfsmittel gehen.»
Im Juni 2024 folgte der entscheidende Eingriff: In einer über zwölfstündigen Operation wurde die Wirbelsäule des Patienten schrittweise korrigiert und stabilisiert. Ziel war es, die natürliche Doppel-S-Form der Wirbelsäule wiederherzustellen und sie in ein harmonisches Gleichgewicht zu bringen. Der Eingriff erforderte höchste Präzision, akribische Planung und langjährige Erfahrung – insbesondere bei einem Patienten mit zahlreichen Voroperationen. «Das hat funktioniert. Heute kann er kurze Strecken ohne Hilfsmittel gehen», berichtet Dr. Wirries, der auf diesem Gebiet als Experte gilt.
Raus aus dem Rollstuhl
Der Erfolg des Eingriffs war durchschlagend: Bereits zwei Wochen nach der Operation konnte Herr Berger das Spital verlassen: gehend, mit Gehhilfen. «Ich hätte nie gedacht, dass ich je wieder aufstehen würde», sagt er rückblickend und kann sein Glück noch immer kaum fassen. Es folgte eine intensive Phase mit Physiotherapie. Sein starker Wille, Lebensqualität zurückzugewinnen, half ihm entscheidend. Heute kann er Strecken bis zu mehreren hundert Metern komplett ohne Unterstützung zurücklegen. Auch die Schmerzmittel konnten deutlich reduziert werden. Aktuell durchläuft Herr Berger einen Morphinentzug – ein Meilenstein für ihn und seine Frau nach langen Jahren der Morphinabhängigkeit.
Eine weitere positive Konsequenz: Herr Berger erhielt seinen Führerschein zurück, was ein entscheidender Schritt hin zu mehr Selbstbestimmung war. «Dank dem Team des UZBW habe ich mein Leben zurück», sagt er dankbar.
* Name geändert
Präzision mit grosser Wirkung dank minimalinvasiver Wirbelsäulenchirurgie
Am Standort Bruderholz des Kantonsspitals Baselland (KSBL) vereint das Universitäre Zentrum Bewegungsapparat orthopädische, neurochirurgische und rehabilitative Expertise unter einem Dach. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten mit komplexen Beschwerden des Bewegungsapparates individuell, ganzheitlich und nachhaltig zu behandeln – mit modernsten Methoden und menschlicher Nähe.
Dieser Beitrag ist im Oktober 2025 im Magazin Regio aktuell erschienen.