Das molekulare Profil von COVID-19 – wie Pathologen zum besseren Verständnis dieser tödlichen Erkrankung beitragen.
Während der ersten Welle der COVID-19 Pandemie waren Pathologen des Kantonsspitals Baselland
und des Universitätsspitals Basel weltweit unter den ersten, welche Obduktionen an verstorbenen
COVID-19 Patienten durchführten. Die meisten Patienten waren in Folge von Atemwegsproblemen
gestorben. Die offensichtlichsten krankhaften Veränderungen fanden sich in den Lungen der
Verstorbenen. Damit bestätigt sich, dass COVID-19 in erster Linie eine Lungenerkrankung ist. Deshalb
haben sich die Forschenden unter der Leitung von PD Dr. med. Kirsten Mertz, Leitende Ärztin am
Institut für Pathologie am Kantonsspital Baselland, auf die molekulare Untersuchung der Lungen
konzentriert.
«Mit den ersten Autopsien von COVID-19 Patienten wurde uns schnell klar, dass wir als Pathologen die
Möglichkeit haben, einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis dieser neuart igen Viruserkrankung
zu leisten», sagt Frau PD Dr. Kirsten Mertz vom KSBL. Auf dieser Grundlage haben die Forschenden
die Immunantwort auf COVID-19 in der menschlichen Lunge mittels modernster histologischer und
molekularer Techniken charakterisiert.
Im Lungengewebe verstorbener COVID-19 Patienten wurden in einer integrierten Analyse gleichzeitig
die Viruslast gemessen, mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Entzündungszellen gezählt sowie mit Next-
Generation-Sequencing (NGS) abgelesene Genabschnitte untersucht. Diese Daten wurden ins
Verhältnis mit klinischen Parametern gesetzt. Dabei haben die Forscher herausgefunden, dass im
Verlauf der COVID-19 Erkrankung die Lunge zwei Stadien durchläuft, in denen die Patienten von
unterschiedlichen Behandlungen profitieren könnten. Zuerst sind die Lungen stark vom Virus besiedelt,
molekulare Entzündungssignaturen sind stark erhöht, doch das Lungengewebe ist noch weitgehend
intakt. Später ist das Virus kontrolliert und die Entzündungssignatur ist abgeklungen, doch die Lungen
weisen Zerstörungen und Ablagerungen von Effektor -Proteinen (Komplement) auf. Daraus ergibt sich,
dass Patienten im frühen Verlauf eher mit antiviralen Medikamenten, z.B. Remdesivir, und breitwirkenden Entzündungshemmern behandelt werden müssten. Später im Krankheitsverlauf könnten
sogenannte Komplement-Inhibitoren wirksam sein.
Am Beispiel der aktuellen Pandemie zeigt sich auf eindrückliche Weise, wie der interdisziplinäre
Austausch von Pathologen, Klinikern und Grundlagenforschern zu neuen Erkenntnissen bezüglich
Diagnostik und Verlauf von Erkrankungen und zu Therapievorschlägen führen kann.
Publikationen
https://naturemicrobiologycommunity.nature.com/posts/molecular -profile-of-a-killer-how-covid-19-autopsies-help-to-understand-the-deadly-new-coronavirus-disease
https://www.nature.com/articles/s41467-020-18854-2