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30.11.2022

Ballett Theater Basel: Kunst fürs Publikum - Spitzensport für den Körper

Wir sind medical Parnter - Der Körper von Tänzerinnen und Tänzern wird Tag für Tag stark gefordert. Gemeinsam entwickeln das Kantonsspital Baselland (KSBL) und das Ballett Theater Basel das von Richard Wherlock verfasste Präventionskonzept weiter, um die Körper besser auf die Belastungen einzustellen.

Es ist 10 Uhr, das tägliche Training für die Tänzerinnen und Tänzer des Ballett-Ensembles des Theater Basel beginnt. Alles sieht ganz leicht aus, dahinter steckt aber jahrelange Knochenarbeit. «Tanzen ist die Verbindung von Sport und Kunst – wobei die Kunst bis anhin immer im Vordergrund stand. Man hatte ignoriert, dass die Tänzerinnen und Tänzer neben Künstlern auch Spitzensportler sind, mit einem Körper, der stark gefordert wird», sagt Tommaso Pennacchio, der seit 2012 als Physiotherapeut für die Basler Tanz Compagnie arbeitet. Richard Wherlock, der selbst Tänzer war und seit 22 Jahren Ballettdirektor am Theater Basel ist, hat diesem Aspekt grosse Beachtung geschenkt. Ihm ist es zu verdanken, dass die Compagnie nun bereits seit 20 Jahren einen eigenen Physiotherapeuten hat. «Die Tanzwelt hat nicht nur den Bedarf an Behandlung, wenn die körperlichen Probleme schon da sind, sondern auch ein grosses Bedürfnis nach Prävention», ist sich Tommaso Pennacchio sicher. Das KSBL und das Theater Basel arbeiten daher zur Weiterentwicklung des Präventionskonzepts seit 2020 zusammen. Ein Teil dieses Konzepts besteht aus dem Screening mit 10 verschiedenen Tests, welches speziell für das Basler Ensemble adaptiert wurde. Es wurde von einem dreiköpfigen Team der Physiotherapieabteilung des KSBL unter der Leitung von Patrik Bürgin, dem verantwortlichen Orthopäden Dr. Julian Röhm und Tommaso Pennacchio ausgearbeitet. Dabei werden die Stärken und Schwächen der einzelnen Tänzerinnen und Tänzer erfasst und individuelle Übungen entwickelt, um den einzelnen Schwächen gezielt entgegenzuwirken. Der Test wird nach 7 bis 8 Monaten wiederholt und das Ergebnis wissenschaftlich ausgewertet.


Ballett Theater Basel

Das Ballett Theater Basel steht für modernen klassischen Tanz und zählt in Europa zur Spitzenklasse. Die Tänzerinnen und Tänzer beherrschen das klassische Ballettvokabular ebenso wie moderne Tanzsprachen und verbinden höchstes tänzerisches Niveau mit virtuoser Dynamik und spielfreudiger Ausdrucksfähigkeit. Getanzt werden Arbeiten von international renommierten Gast-Choreografinnen und -Choreografen. Dazu kommen Stücke von Richard Wherlock selbst, der seit 2001 die Compagnie leitet. Er verlässt mit Ende der laufenden Spielzeit 22/23 das Ballett Theater Basel.
www.theater-basel.ch/ballett  

Interview mit Tommaso Pennacchio und Patrik Bürgin

Wie entstand die Idee für dieses Präventionskonzept?

Tommaso Pennacchio (TP): Es ist allgemein bekannt, dass die Prävention ein grundlegendes Element für die Gesundheit ist. Es war für mich von grösster Wichtigkeit, dieses Konzept nach wissenschaftlichen Kriterien einzuführen. Patrik Bürgin (PB): Im professionellen Tanz kommt es immer wieder zu Verletzungen und zu Überlastungsschäden. Das Ballett Theater Basel setzt bereits stark auf Prävention. Durch die Zusammenarbeit können aber beide Seiten nochmals voneinander profitieren.

Was erhoffen Sie sich von diesem Konzept?

PB: Wir möchten Defizite in Kraft, Beweglichkeit und Koordination der Tänzerinnen und Tänzer erkennen und diese mit einem Trainingsprogramm gezielt verringern. TP: Auch möchten wir, dass sie sich umsorgt fühlen. Seelische Ruhe und körperliche Gesundheit gehen Hand in Hand.

Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen KSBL und dem Ballett Theater Basel genau aus?

PB: Zu Beginn der Zusammenarbeit ging es um die Ausarbeitung des Screenings. Dazu haben wir auch Fachleute von internationalen professionellen Tanzschulen um Rat gefragt. Anfang September konnten dann erstmals 28 Tänzerinnen und Tänzer die vollständige Testbatterie an einem Tag absolvieren. TP: Die Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg. Wir vergleichen, wir reden, wir suchen gemeinsam nach Lösungen. Und wenn wir etwas Neues lernen, geben wir es weiter!

Wie reagiert die Tanzwelt auf dieses Präventionskonzept?

TP: In den letzten Jahren hat die Tanzwelt begonnen, Präventionskonzepte, die in der Welt des Sports bereits existieren, in die tägliche Routine zu integrieren. Dies ist eine sehr wichtige Aufgabe, die in Basel sowohl von der Direktion als auch von den Tänzerinnen und Tänzern mit Begeisterung angenommen wird.

Tommaso Pennacchio

Er erhielt sein Diplom in Physiotherapie von der Universität Florenz. Er hält auch ein Diplom in Osteopathie und ist Craniosacral-Therapeut. Er begleitet das Ballett Theater Basel seit 2012.

Patrik Bürgin

Er ist leitender Physiotherapeut am KSBL. Als diplomierter Sportlehrer und Physiotherapeut FH mit Masterabschluss in Functional Kinetics Science an der Universität Basel ist er Spezialist für Haltung und Bewegung. Auch er ist OS-Coach und Spezialist für Prehab und Rehab.

Christina Kessler

Sie ist diplomierte Sportphysiotherapeutin am KSBL. Schon in ihrer Kindheit entdeckte sie ihre Leidenschaft für das klassische Ballett und übte es jahrelang aus.

Janine Wolf

Sie ist diplomierte Sportphysiotherapeutin am KSBL. Als ehemalige Leistungssportlerin sammelte sie Erfahrungen in der Betreuung diverser Sportclubs im Bereich Handball, Fussball und Fahrradtrial auf nationaler und internationaler Ebene. Sie ist OS (Orthopädie und Sport Experts)-Coach und Spezialistin für Prehab und Rehab.

Zentrum für Sportorthopädie


Der Beitrag ist im Gesundheitsmagazin medizin aktuell des KSBL erschienen.

E-Paper medizin aktuell

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